50 Jahre Schüleraustausch und Freundschaft zwischen dem Gymnasium Jura Hronca und dem Gymnasium Eschenbach

Herr Dr. Jan Mayer vom Gymnasium Jura Hronca sowie Barbara Motschenbacher und Martin Weinzierl vom Gymnasium Eschenbach wussten genau, dass die Vorbereitung des diesjährigen Schüleraustausches mit der Slowakischen Republik einer ganz besonderen Sorgfalt bedurfte: Jährt sich doch heuer diese Schülerbegegnung, die älteste an unserer Schule, zum 50. Mal! Sehr gespannt auf dieses große Jubiläum waren auch die 12 Eschenbacher Schüler, die vom 26.4.19 bis zum 4.5.19 ihre nicht weniger neugierigen Schulkameraden aus Bratislava aufnahmen.

Nach einer angenehmen und problemlosen Anfahrt per Bahn wurden die Gäste von unserem Schulleiter Peter Schobert in der Aula begrüßt. Das offizielle Programm begann am Sonntagnachmittag mit der Führung durch die Klosterkirche Speinshart. Pater Benedikt Schuster schöpfte aus dem Fundus seines reichen Wissens, als er seinen aufmerksamen Zuhörern den originellen Bilderschmuck der Rosenkranzkapelle erläuterte. Bei seinen Ausführungen zu dem ausgefallenen Dekor der Kirchenbänke verwies er insbesondere darauf, dass auf den Wangen einige der Leidenswerkzeuge aus der Passion Christi, wie Rohrkolben, Spottmantel oder Spielwürfel, abgebildet sind. Mit ihnen wird sinnfällig gemacht, wie qualvoll der Tod des Sohnes Gottes war und welch große Gnade uns Menschen durch sein Erlösungswerk zuteil geworden ist. Gegen Abend folgte eine Wanderung um den Obersee. Die Tatsache, dass wir trotz manch finsterer Wolke am Himmel vom Regen verschont blieben, erleichterte nicht nur unser gegenseitiges Kennenlernen, sondern ließ uns auch die Schönheit dieser Landschaft erst so richtig genießen.

 

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Im Tagesprogramm vom Montag fand der politische und zeitgeschichtliche Charakter dieses Austausches seine Berücksichtigung. Beim Empfang im Landratsamt Neustadt/WN ermunterte Landrat Andreas Meier seine jungen Zuhörer zum politischen Engagement. Er unterstrich seinen Aufruf mit dem Hinweis darauf, dass unser lange währender Austausch im Jahre 1969 von Gymnasiasten aus Eschenbach begründet wurde. Es war also eine Initiative von Schülern, dass in der politisch aufgewühlten Zeit des Prager Frühlings ein mutiges Zeichen für Völkerverständigung und Versöhnung gesetzt wurde! Bei der Führung durch die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg am Nachmittag mussten wir erschüttert zur Kenntnis nehmen, zu welch makabren Inszenierungen die Aufseher von NS-Arbeitslagern imstande waren: An Weihnachten des Jahres 1944 wurden in unmittelbarer Nähe eines beleuchteten Christbaumes etliche Häftlinge hingerichtet, deren leblose Körper dann einige Tage lang in menschenverachtender Weise zur Schau gestellt wurden.

Lichtvollere Seiten deutscher Geschichte lernten wir bei der Besichtigung der Stadt Regensburg und seiner näheren Umgebung kennen. Regensburg zählt als römische Gründung des ersten Jahrhunderts n. Chr. zu den traditionsreichsten Städten Deutschlands. Die Porta Prätoria, das Nordtor des ehemaligen Legionslagers, sowie die Steinerne Brücke sind Denkmäler von einzigartigem Rang. Letztere wurde 1146 nach einer Bauzeit von nur 11 Jahren fertiggestellt und war für ca. 800 Jahre der einzige befestigte Donauübergang zwischen Ulm und Wien. Weiterhin vernahmen wir staunend, dass der Regensburger Dom, der im Jahre 1275 begonnen worden war, erst im 19. Jahrhundert vollendet wurde. (Die Turmhelme datieren von 1869.) Ein Empfang beim Bürgermeister der Stadt Eschenbach und die Führungen durch das liebevoll restaurierte Taubenschusterhaus und die Raiffeisenbank Eschenbach rundeten unser Besichtigungsprogramm ab.

Mochten wir in den vorausgehenden Tagen auch noch so viel Interessantes gesehen und gehört haben: Das Beste kam bei diesem Austausch erst zum Schluss. Es wurden nämlich am letzten Abend alle teilnehmenden Schüler sowie deren Eltern zusammen mit zahlreichen Ehrengästen zu einem Festakt in die Aula unserer Schule eingeladen. Eine große Freude war für uns, dass dazu auch die Direktorin des Gymnasiums Jura Hronca, Frau Renáta Karacsonyová, und ihr Ständiger Stellvertreter, Herr Direktor Tomáš Slezák, anreisen konnten.

Nach der Begrüßung aller Anwesenden durch den Schulleiter verdeutlichte uns Herr German Vogelsang, im Jahre 1969 Redakteur beim Neuen Tag in Weiden, in seinem Vortrag, wie spannungsgeladen die Zeit des Prager Frühlings war. Als er schilderte, wie ein junger Mann aus der Tschechoslowakei bei seiner Flucht in den Westen beinahe sein Leben verloren hätte, lieferte er nicht nur ein Beispiel für eine besonders dramatische Schicksalsfügung; er machte damit auch anschaulich, wie tief die politischen Entwicklungen in den kommunistisch regierten Ländern und insbesondere der Freiheitsverlust der dortigen Menschen die westliche Welt berührten.

Selbstverständlich durfte an diesem denkwürdigen Abend eine Ansprache des Gründers dieses Austausches nicht fehlen. Toni Schwemmer stellte die Umstände der Entstehung der Schülerbegegnung von 1969 so lebendig und mit so viel Herzblut dar, dass sich sein Publikum inmitten dieses spannenden Geschehens wähnte. (Herr OStD i. R. Schwemmer gehörte als Lehrer am Gymnasium Eschenbach auch zu der Abordnung, die im Jahre 1990 an das Gymnasium Jura Hronca reiste und die Wiederaufnahme des Schüleraustausches vorbereitete.)

Einen schönen Beitrag zum Gelingen dieses festlichen Abends leisteten die musikalischen Einlagen unserer Schüler Robert Gorny (Klavier), Vinzenz Plößner (Klavier) und Hanna Krausch (Gesang). Überdies erklang zum Abschluss erneut die von Hans Schmid getextete Version der Europahymne, die zum ersten Mal 2004, als die Slowakei in die Europäische Union aufgenommen wurde, an einem Bunten Abend dargeboten wurde. (Herr StD i. R. Hans Schmid, der an diesem Abend ebenfalls einen Vortrag hielt, hatte den Austausch bis zum Jahr 2013 geleitet.)

Sicherlich sind im Laufe der letzten Jahrzehnte die Möglichkeiten und die Zielsetzungen des Austausches mit der Slowakischen Republik ganz andere geworden. Wenn wir in Europa ohne Schwierigkeiten von einem Land ins andere reisen können, erkennen wir, wie sehr die politische Zusammenarbeit unter den europäischen Staaten unser Leben bereichert. Doch ist in all den Jahren eines immer gleich geblieben: die Herzlichkeit und Großzügigkeit, mit der die Schüler und Lehrer aus der Slowakei ihre Gäste aus der Oberpfalz immer wieder aufnehmen. Für diese Offenheit und Verbundenheit unserer Freunde sind wir sehr dankbar. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!

M. Weinzierl