Wer liest, wird schlauer

Auch wenn Autor Manfred Theisen vom Würgegriff der Schule spricht. Der Kinder- und Jugendbuch-Autor fesselte im Gymnasium Eschenbach die Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen mit spannenden Geschichten.

Manfred Theisen weiß, wovon er erzählt und redet, zumal er selbst Vater von vier Töchtern ist. Auf Apps, die Handys „spiegeln“ können, geht er ein. Irgendwann „werden wir uns alle gegenseitig ausspionieren“, warnt der 53-Jährige. Trotz des ungezwungenen Umgangsstils gehören klare Botschaften zum Leseprogramm des Schriftstellers. Die 80 Buben und Mädchen danken es dem Künstler in Form konzentrierter Aufmerksamkeit,  die sich im Laufe der beiden freiwilligen Unterrichtsstunden in heller Begeisterung entlädt.

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Hat er keinen Rechner, so hat er auch keine Freunde mehr. Davon handelt eines seiner Kinderbücher. Die wichtigste und womöglich einzige Verbindung zur Außenwelt stellt der Pizza-Blitz sicher. Und noch etwas ist charakteristisch für die Menschen, die etwas sachlicher als „introvertierte Computerfreaks“ bezeichnet werden: „Kakteen sind wie Nerds – sie bewegen sich nicht und mögen keine Berührungen“. Eigentlich müsste Manfred Theisen gar nicht so anschaulich erläutern, was man unter einem Nerd versteht. Der Autor aus Köln ist auf Einladung von Unterstufenbetreuerin Susanne Vonhoff und des Pressather Buchhändlers Eckhard Bodner in das Eschenbacher Gymnasium gekommen, um dem Leitthema von Eckhard Bodner „Lesen verleiht Flügel“ zum Erfolg zu verhelfen. Im Tagungsraum sitzen 80 Fünftklässler vor dem Erzähler. Und die wissen Bescheid, wenn Manfred Theisen über moderne digitale Medien spricht.

Immer mal wieder fragt Theisen nach Playstations und wer spezielle TV-Sendungen kennt. Dann gehen ganz selbstverständlich fast alle Hände nach oben. Der Schriftsteller findet mühelos Anschluss an die Lebenswelt seiner Zielgruppe. Mitgebracht haben  der Autor und der Pressather Buchhändler Eckhard Bodner gleich fünf Titel für die Lesenacht der 5. Jahrgangsstufe des Gymnasiums. Auszüge aus „Nerd forever 1“ oder „Im Würgegriff der Schule“ und aus „Nerd forever 2“ oder „Ich glaub, mich trifft der Ball“ stehen zunächst im Focus seiner Leseauszüge. Dann zitiert der Autor aus seinen Büchern „Klassenfahrt in die Hölle“, „Täglich die Angst“ und „Wake up“.

Manfred Theisen bietet aber keine klassische Lesung. Meistens erzählt er im lockeren Ton über den Titelhelden Nerd, der das Leben allein aus dem World Wide Web kennt. Der hochbegabte Brillenträger hockt ständig vor dem Rechner und hat nur Internetfreunde. Das ändert sich schlagartig, als Nerd mit seinen elf Jahren das erste Mal die Schule besucht. Kulturschock! Widrigkeiten bedrohen ihn von allen Seiten. In seiner Schule gibt es Probleme mit einem gewissen Rick-„Schädel breit und die Stirn flach wie die eines Neandertalers“. Damit beleuchtet Manfred Theisen ein anderes Phänomen, das die Schüler interessiert und über das der Nerd aus dem Buch nur im Internet gelesen hat: Mobbing.

„Deutschlands größter Nerd“, also Albert Einstein, sei in der Schule sitzen geblieben, weil andere ihn gemobbt hätten. Bill Gates sei es nicht besser ergangen. Manfred Theisen plädiert dafür, tolerant zu sein, denn die Menschheit brauche Nerds, ohne die viele Erfindungen nicht gemacht worden wären. Theisen bezeichnet schließlich seine Geschichten als Satire über das System in der Schule, wie es Schüler erleben: über die Opfer von Mobbing, über die mächtigen Typen und das Mädchen, das angehimmelt wird. „Lesungen zeigen auf, dass Kinder die Satire total verstehen“, berichtet der Autor von seinen Erfahrungen und Studiendirektorin Susanne Vonhoff bestätigt mit Blick auf den nächsten Vorlesewettbewerb: „Solche Stunden wecken die Freude am Lesen und entdecken bei den Kindern neue Phantasiewelten“.

Locker und lustig befriedigte der Autor nach der Lesung mit Unterstützung von Buchhändler Eckhard Bodner die Signierwünsche der Schüler.

Robert Dotzauer