Gedanken zur Fastenzeit

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den Evangelien wird in mehreren Versionen von der Heilung einer Frau berichtet, die an blutenden Wunden gelitten hat.

Ganz offensichtlich war ihre Haut an etlichen Stellen aufgerissen; und weil sich diese Wunden nicht mehr schließen wollten, ist aus ihnen über viele Jahre hinweg immer wieder Blut ausgetreten. In Zeiten, in denen eine gute medizinische Versorgung nicht selbstverständlich war, bedeutete ein derartiges Leiden für die Betroffene ganz offensichtlich eine sehr große Not.

Berichte über Heilungen von Kranken mit einem ähnlich schweren Schicksal gibt es in der Bibel in sehr großer Zahl. Dennoch ist dieser Bericht etwas ganz Besonderes, und zwar deswegen, weil jene von Jesus nicht direkt in Gang gesetzt wurde, sondern sich bei der Berührung seines Mantels sozusagen von selbst einstellte. Als sich nämlich die Frau aus einer Menschenmenge heraus von hinten an den Messias herandrängte und sein Gewand berührte, fühlte Jesus im selben Augenblick, „dass eine Kraft von ihm ausströmte“ (Mk 5,30). Dass sich ein Wunder ereignet, wurde Jesus also erst bewusst, als der Heilungsprozess bereits in Gang gekommen war.

In der diesjährigen Fastenzeit ist angesichts der angespannten Lage, in der wir uns alle befinden, der Verzicht nicht das entscheidende Thema, weil dieser uns sowieso durch die bedrückenden Umstände aufgezwungen ist. Die größere Herausforderung besteht momentan darin, dass wir die Hoffnung nicht aufgeben. Mutierte Viren stellen für viele Menschenleben abermals eine extreme Bedrohung dar. Aber auch diejenigen, die gesund geblieben sind, sind mittlerweile an ihrer Belastungsgrenze angelangt: Weil ein geordnetes Leben in der Öffentlichkeit immer noch nicht möglich ist, müssen viele Gewerbetreibende weiter um ihre Existenz bangen. Homeschooling und permanente Betreuung der Kinder belasten das Leben in den Familien sehr. Ganz besonders denken wir in dieser Lage an die Schülerinnen und Schüler aus der Q 12, die auf Grund der hohen Inzidenzwerte in unserem Landkreis immer noch nicht in den Präsenzunterricht können, obwohl die Abiturprüfungen vor der Tür stehen.

So hilflos wie die blutflüssige Frau fühlen sich bestimmt viele von uns. Wie gern würde so mancher an den Heiland herantreten und sich von ihm aus allen Schwierigkeiten herausreißen lassen. Doch leider ist dies in unserem Fall nicht ganz so einfach wie bei der schüchternen Frau, deren charmantes Gottvertrauen so viel bewirkt hat.

Vielleicht gelingt es uns dennoch, in der Vorbereitungszeit auf das Osterfest unsere Aufmerksamkeit auf den zu richten, von dem alle Erlösung kommt. Immer wieder ist uns in den letzten Wochen das Licht am Ende des Tunnels versprochen worden. Jedoch können wir im Vertrauen auf Christus in der Gewissheit leben, dass keine Finsternis so mächtig sein kann, dass sie zum Schluss nicht doch dem Glanz des Auferstandenen weichen muss.

Die Lehrer der Fachschaften Religionslehre wünschen der ganzen Schulfamilie eine gesegnete Fastenzeit.