Schüleraustausch mit Bratislava – ein Bericht über den Gegenbesuch vom 25.04.25 bis 03.05.25

Nach neun äußerst erlebnisreichen Tagen sind unsere Gäste aus der Slowakei, 15 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Jura Hronca, wohlbehalten in ihre Heimatstadt Bratislava zurückgekehrt. Das Besondere bei ihrem Aufenthalt war, dass sie zusammen mit ihren Gastgebern aus Eschenbach im Rahmen einer dreitägigen Exkursion auch den Süden Bayerns kennenlernen konnten.

Unser offizielles Besichtigungsprogramm begann am Sonntag mit einer Fahrt ins Deutsch-Deutsche Museum Mödlareuth. Dieses Dorf, das teils in Thüringen, teils auf bayerischem Boden liegt, war in der Zeit des Kalten Krieges - ähnlich wie Berlin - von einer Mauer durchzogen, die nicht nur für die Trennung einer Dorfgemeinschaft, sondern auch für die Trennung der gesamten europäischen Staatenwelt stand. Im Unterschied zu unserer Bundeshauptstadt sind in Mödlareuth in einer Museumslandschaft noch originale Teile dieser Mauer zu besichtigen.

Mit Staunen nahmen wir zur Kenntnis, dass dem verhängnisvollen Bauwerk ein Sperrgürtel von fünf Kilometern vorgelagert war. Dieser hatte den Zweck, dass Flüchtende erst gar nicht bis zur Grenze vordringen konnten. Berührend ist nach vielen Jahrzehnten immer noch die traurige Geschichte eines Halbwüchsigen, der bei seinem Fluchtversuch in einem Minenfeld an beiden Beinen so schwer verletzt worden war, dass er sich nicht mehr fortbewegen konnte. Obwohl er über Stunden hinweg laut um Hilfe geschrien hatte, musste er verbluten, weil ihn die Grenzposten nicht retten wollten.

Am Montag folgte nach der Begrüßung durch unseren Schulleiter und einem Rundgang durch die Schulgebäude eine Führung durch die Raiffeisenbank Eschenbach. Herr Stefan Schedl informierte seine jungen Zuhörer über die unterschiedlichen Produkte eines wichtigen Finanzdienstleisters sowie über die aktuellen Entwicklungen am Finanzmarkt. Wer nun erwartete, dass der Wettbewerb auf der Adventure Golfanlage am Nachmittag nur Entspannung bringen werde, musste sich eines Besseren belehren lassen: Die einzelnen Bahnen mit ihren herausfordernden Hindernissen, wie Tunnels, Überführungen, ein Fahrrad oder ein Boot, verlangten von allen Beteiligten ein Höchstmaß an Geschicklichkeit und Geduld. (Geht nicht, gibt’s nicht!)

Als Höhepunkt unserer Reisen darf sicher die dreitägige Exkursion nach Oberbayern gesehen werden: Nach der Ankunft in München besichtigten wir das auf einer Isarinsel gelegene Deutsche Museum. Auch wenn dessen Ausstellung großenteils umgebaut wird und von daher nicht zugänglich ist, so übte das, was zu sehen war, immer noch eine sehr große Faszination auf uns aus.

In der Flugzeughalle beeindruckte uns eine restaurierte JU 52 („Tante Ju“) des Flugzeugherstellers Junkers ganz außerordentlich. Dieses Modell war ursprünglich als Fracht- und Bombenflugzeug konzipiert worden, prägte jedoch in den 1930er Jahren auch den zivilen Flugverkehr. Nicht weniger interessant war eine Lockheed F-104 („Starfighter“), ein amerikanisches Flugzeug, das auch bei der Bundeswehr im Einsatz war. Die in Deutschland verwendete Version dieses Kampfjets hatte besonders kurze Flügel. Dieser Konstruktionsfehler kostete 121 Personen das Leben, darunter auch sieben Zivilisten. In Turm dieses Museums hängt an einem 60 Meter langen Seil ein Foucaultsches Pendel, durch dessen Schwingungen mit Hilfe einer Skala am Boden die Erdrotation sinnfällig gemacht werden kann.

Im Chiemgau war unser erster Besichtigungsort die Fraueninsel im Chiemsee. In einer malerischen Umgebung gelegen, ist sie nicht nur wegen ihrer Künstlerkolonie, sondern hauptsächlich wegen des dortigen Klosters von Bedeutung. Dieses wurde der örtlichen Überlieferung zufolge vom bayerischen Herzog Tassilo III. (742-796) gegründet. Die Klosterkirche beherbergt die Gebeine der Sel. Irmingard (833-866), der Tochter Ludwigs des Deutschen (806-876). In der heute noch existierenden Klostergemeinschaft leben ca. 30 Benediktinerinnen.

Das Kloster Herrenchiemsee ist eine rein historische Sehenswürdigkeit. Seine Kirche, die in ihrer ursprünglichen Form heute nicht mehr existiert, war von 1216 bis 1807 die Kathedrale des Bistums Chiemsee. Sein Domkapitel bestand aus den Augustiner-Chorherren, denen dieses Kloster bis zur Säkularisation gehörte. Uns jedoch interessierten diese Gebäude in erster Linie deswegen, weil in ihnen vom 10. bis 23. August 1948 der „Verfassungskonvent Herrenchiemsee“ tagte. Diese Versammlung, die auf Initiative der Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder einberufen worden war, hatte die Aufgabe, einen Verfassungsentwurf auszuarbeiten, der dem Parlamentarischen Rat vorgelegt wurde. Der berühmteste Satz des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Art 1 GG) wurde auf Herrenchiemsee formuliert.

Natürlich durfte auch die Besichtigung der Hauptsehenswürdigkeit auf der Herreninsel, das Schloss Herrenchiemsee, das im Auftrag des bayerischen Königs Ludwig II. (1845-1886) errichtet worden war, nicht fehlen. Die Altstadt von Regensburg mit ihren Überresten römischer Herrschaft erkundeten unsere Schüler selbstständig im Rahmen einer Stadtrallye. Besichtigt wurde in Regensburg ebenso das Museum „Haus der Bayerischen Geschichte“.

Das umfangreiche Bildungsprogramm, mit dem unterschiedliche historische Epochen abgedeckt wurden, bedeutete den Organisatoren dieses Austausches sehr viel. Doch ist dies nicht alles. Leider verursacht seit geraumer Zeit der Expansionsdrang der Russischen Föderation unter Präsident Putin in Europa und in der gesamten Welt enorme Verunsicherung. Vielfach wird von einem neuen Zeitalter der Gegensätze zwischen Ost und West gesprochen. Auf diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass junge Menschen aus unterschiedlichen europäischen Ländern aus verschiedenen Blickwinkeln, aber in einer Gemeinschaft die große Vergangenheit Europas kennenlernen, von unschätzbarem Wert.

A. Hofmann/M. Weinzierl

250603 bratislava

Schloss Herrenchiemsee (Ansicht von Westen)